Kein Drama
Belgarath
© September 1997
Als der letzte Krug
zum Brunnen ging
fand er ihn vergiftet
und zerbrach
war dies so tödlich
war dies so beängstigend
dass ich um ein Haar
wirklich gestorben wäre
Fassungslos
starre ich auf die Scherben
in meinen Händen
das blutende Herz
zersprungen in der Brust
Ganz heimlich
leise und leer
bin ich
schweigend geworden
verharrend
verhärtend
eine ganze
endlos
lange Weile
- ehe das Leben
mit diebischer Freude
wieder zu mir fand
bitter grinsend offenbarte
wie versteinert ich war
da ich so viele Krüge
tagtäglich
zum Brunnen
getragen hatte
als Vorrat gestapelt
Jetzt sind sie alle zerbrochen
Weicher
bin ich nun wieder
schutzloser und stärker
beginne ein neues Spiel
im Ernst des Lebens
das heiter
und das Alte ist
Etliche waren gekommen
mich zu Grabe zu tragen
zu erweisen die letzte Ehre
Nachreden zu halten
früh verfasst
nicht ohne Übel
Brutus
wollte Blumen häufen
die längst verwelkt
alle
nur noch spitze Dornen trugen
ein tiefes dunkles Loch
mit Erde zu bedecken
Immergrün
rabenschwarze
Stiefmütterchen
obenauf
als feste Decke
Ein letzter Blick
war erbeten
von der Versammlung
die seltsam still
Ein letzter Blick
in den nochmals
geöffneten Sarg
er war leer
Für Johanna
Belgarath
© September 1998
die keine Heilige war
Ich kannte sie,
als sie noch jung war.
Leben sprudelte wie eine Quelle aus ihrem Herzen,
schwemmte unbekümmert alles fort,
was tot und leicht im Weg ihr lag.
Ich kannte sie,
als sie noch Träume berauschten wie junger Wein,
in seligen Nächten, an hellen Sommertagen,
in jedem Augenblick,
manchmal auch mit leiser Furcht ergriffen.
Ich kannte sie,
als sie noch lachte aus vollem Herzen,
so hell und klar, dass ich munter mittun musste,
sich viele anschlossen,
weil ihre Lebenslust so ansteckend war,
so unbekümmert und frei,
dass man sich ihrer nicht länger als eine Sekunde verweigern
konnte.
Ich kannte sie,
als sie noch mutig und aufrichtig ihre Angst verlachte,
damit Scherze trieb, ihr tapfer ins Auge blickte,
mit kraftvollen Händen und Worten
die aus Furcht geborenen Ungeheuer besiegte
mit spielerischer Leichtigkeit.
Ich kannte sie,
als sie noch in vollen Zügen jeden Augenblick der Liebe genoss,
so selbstbewusst und leicht,
aus vollem Herzen verschwenderisch,
weil sie scheinbar so unendlich viel davon besaß.
Ich kannte sie,
als wir auseinander gingen, uns aus den Augen verloren,
andere und fremde,
neue und unbekannte Welten und Erfahrungen suchten.
Ich traf sie niemals wieder.
Die Frau, die ich heute auf der Straße sah,
die zu mir herüber lächelte,
und ihr so ähnlich schien,
war mir völlig unbekannt.
Frieden
Belgarath
© Dezember 1999
Der Irre
von nebenan
hat sich erhängt
Man fand ihn
auf dem Dachboden
mit einem festen Knoten
genau hinter dem rechten Ohr
Blau quoll seine Zunge
über die spröden Lippen
mit getrocknetem Blut
und Speichel
den Kopf leicht schief gelegt
ein wenig nach vorn geneigt
voller Demut
sein graues Gesicht
Seine Augen
schienen ihm
aus den Höhlen zu treten
starrten
die Besucher
seiner Todesstätte an
Die Hände
hatte er gefaltet
zum Gebet
Nachbarn sagten
er habe geschrieen
in der Nacht
geschrieen
um den Frieden der Welt...
Doch ohne ein Zeichen
der Hoffnung
und Zuversicht
tat er dann
verzweifelt
und sehr allein
den letzten Schritt
und fand
endlich
FRIEDEN
Beharrlichkeit
Belgarath
© Mai 2000
Jahre
und Glocken
und Lichter
und Tränen
und Hände
und Tiere
und
leuchtende Farben
Stein
um Auge
und Sein
Vergiss auch nicht
den Weg
hab keine Furcht
wenn alte Qual
dich trifft
halte fest
und geh
bis Du den Morgen findest
End-Los
Belgarath
© September 1997
Im Dunkel
meines Schmerzes
war ich verirrt
und einsam
allein
wie jenes Kind
in jener Nacht
der Not
Traumwandler
Belgarath
© September 2001
In der Nacht
der Nächte und der Mauer
zerbrachen
die Zinnentürme
des Schweigens
Hoch über ihnen
kreisten die Geier
langsam und lautlos
mit mächtigen Schwingen
und gewaltigen Klauen
blutverschmierten Schnäbeln
Ich aber
suchte in den Trümmern
geborstene Wahrheiten
verzweifelt
um meine Erinnerungen
Femina Tausendschön
Belgarath
© Februar 2003
Er hatte alles verdorben, alle Mühen und Geduld umsonst.
Er verstand es einfach nicht, hatte kein Empfinden für
durchdachte Schönheit.
Ein letzter Blick in den Spiegel, bevor sie ihr elegantes Chanel-Kostum
auszog und fein säuberlich auf den Bügel hängte.
Darunter trug sie lediglich das passende Parfüm, - alles für
ihn.
Doch er hatte alles verdorben.
Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass niemand mehr über sie
lachen,
ihre Nähe zurückweisen oder über sie tuscheln würde,
und wenn, dann nur vor sinnlicher Gier in ihrer Nähe weilen zu dürfen,
ein wenig von ihrem Glanz und ihrer Schönheit zu profitieren.
Ein Blick in den Spiegel bestätigte es sie war schön,
formvollendet gestaltet.
Niemand hätte früher geahnt, dass sie so klasse aussehen
konnte,
das kleine Pummelchen und Klassenclown,
von den Jungs mitleidig belächelt und ignoriert.
Aber dann hatte sie Roland, den Baulöwen geheiratet,
Geld spielte keine Rolle mehr.
Jetzt war sie eine Schönheit, die selbst den Spiegel nervös
machte.
Ihre Lippen so sinnlich, so formvollendet und weiblich voluminös
modelliert
von Professor Christensen.
Ihre Augen strahlten wie zwei himmelblaues Lichtfeuer auch an
kalten Tagen, in dieser wunderschönen Symbiose aus asiatischem
Mandelauge und europäischer Abendland-Genetik, - designed von
Professor Schüttgen.
Das Wunder der modernen Lasermedizin, implantierte himmelblaue
Irislinsen.
Ihre Augenbrauen mit diesem atemberaubend eleganten Bogen wurden
mit einem kleinen Schnitt und kaum sichtbarer Narbe von Professor
Wimmer ein kleines Stück zur Stirn verlegt,
die Gesichtshaut hinter den angelegten Ohren gestrafft und neu
gespannt,
und schmeichelten nun pfirsichsanft den Fingerspitzen.
Ihre Wimpern waren von wirklich klassischer Schlichtheit und Fülle
Seidig und von Elisabeth Arden.
Das Haar war designed und schimmernd gefärbt von Luigi,
denn sie ließ es von niemanden berühren, - außer ihm.
Selten war ein Profil so zauberhaft wie das ihre,
mit diesen exotisch gemeißelten Wangenknochen, und dem perfekt
geformten Näschen, die beide von Professor Mang gestaltet wurden.
Auch ihre Brust stammte von seiner Hand, so fest und straff, dass
kein Bleistift unter ihnen Halt fand, prächtig und wahnselig
erotisch, mit kraftvoll mahagonifarbenen Warzen durch Permanent-Tatoo-Make-up,
und Eigenfett unterspritzt, so dass sie stets lustvoll erregiert
erschienen,
mit einem millimetergenauen symmetrischen Delta in der Mitte
eines Dekolletes voller sinnlicher Weiblichkeit.
"Ich bin schön, richtig schön ..."
Kein Gramm Fett trug sie zu viel auf deinen Hüften,
einmal jährlich perfekt abgesaugt von Professor Weber, der sich
dann auch gleich ihrer Oberschenkel und Beine annahm, die
wohlgeformt wie ihr straffer Bauch nicht erkennen ließen, dass
sie zwei Kinder geboren hatte, -
Tribut an Roland, der unbedingt einen Stammhalter wollte.
Als Gegenleistung wurde ihr Po in wochenlanger Planung designed
und realisiert mit einer Silikonkissen-Spezialanfertigung.
Ihre Taille war viel schmaler und dynamischer als noch vor drei
Monaten, als sie sich entschlossen hatte, zwei Rippen entfernen zu
lassen, - durch Professor Küster.
Was für eine Klasse-Idee.
Ihr Schamhaar war handgestylt von Luigi, in Saharablond gebleicht
und mit englisch Golfgras-Schnitt, mit einem atemberaubenden
Platin-Piercing genau über der Hautfalte ihrer Lustperle.
Ihre Schamlippen wurden jeden Monat mit Nokraatyl Polamid
gespritzt,
denn so blieben ihre Nervenenden immer hochsensibilisiert,
jede kleinste Berührung ein purer Lustschauer.
Ein hauchfeines Schlangentier-Tatoo in Silbergrau ringelte sich
blass und lustvoll um ihre rechten Oberschenkel, so fein und
blass, dass es unterhäutisch schien.
Ihre Hand- und Fußnägel schimmerten in Silberperlmutt, der
wahrgewordene Männertraum in feuchtheißen Nächten auf seidenem
Laken.
Die Jungs von einst, die jetzt Männer waren, würden alles
stehen und liegen lassen, nur um in ihrer Nähe weilen zu dürfen.
Eine Stunde später sah sie ihn auf dem Klassentreffen zum ersten
Mal seit Jahren wieder, den Schwarm aller Mädchen aus ihrer
Klasse, der jede haben konnte, wenn er nur mit dem Finger
schnippte. Er stand bei ein paar anderen, Männer und Frauen,
deren Gesichter ihr entfernt bekannt vorkamen.
Alle Blicke wandten sich ihr zu, als sie auf die Gruppe zuging,
besonders die der Männer, die sie anstarrten, als wäre sie eine
Außerirdische.
Sie stellte sich genau vor Sascha und sah ihm in sein sprachloses
Gesicht.
"Hi, wie geht´s Dir ?"
Er hatte sich nur wenig verändert in den Jahren, bis auf den
leichten Bauchansatz, und insgesamt ein wenig mehr Fülle am
einstmals schlank muskulösen Leib.
Er war immer noch nicht schön, nicht sportlich durchtrainiert,
sein Hintern akzeptabel, wie sie mit einem schnellen Blick
erkannte, seine Beine ein wenig krumm, die Knie knochig, seine Hände
langfingrig und sehnig, genau wie früher.
Er ging offensichtlich nur zum Friseur, nicht zum Hair-Designer,
-
aber er sah noch immer gut aus.
Und er hatte keine Ahnung, wer sie war.
"Kennst Du mich noch ?"
Aber sein Gesichtsausdruck hatte in Bruchteilen von Sekunden
alles verdorben, während alle anderen anwesenden Männer förmlich
mit den Augen an ihr klebten, - was sie aber nicht die Spur
interessierte.
Da war etwas in seiner Mimik, etwas abweisendes, - so dass sie
nicht einmal dazu kam, ihren erhofften Triumph auszukosten, ihm
ihren Namen zu nennen.
Er hatte sie von oben bis unten angesehen, nichtssagend gelächelt
und sich einer etwas kleinen, hochschwangeren Frau zugewandt, die
ihm warm zulächelte und von ihm zärtlich umarmt wurde.
Sie war nicht besonders schön, ziemlich unauffällig und
durchschnittlich,
mit Klamotten von der Stange, Massenware.
Aber sie hatte die ganze Aufmerksamkeit von Sascha, dem Jungen,
der sie früher und jetzt nur eines abschätzenden Blickes gewürdigt
hatte. Einmal wandte er sich ihr noch zu, zog ein wenig die Stirn
in Falten und bedachte sie wieder mit diesem abschätzenden
Blick,
dann wandte er sich wieder dieser hochschwangeren Frau zu.
Jetzt hatte sie wieder verloren, denn aus dem eben noch
fassungslos starrenden Gesicht wurde das eines liebenden
Ehemannes und werdenden Vaters.
Sie hätte zu gerne gewusst, was er in diesem Moment dachte.
Was wollte sie hier ?
Was und wer war sie ?
Eine schöne Frau ?
Eine geliebte Ehefrau ?
Sie war als einzige ohne Begleitung gekommen.
Sie sah Saschas Gesicht einmal ganz kurz, las die Frage darin,
die Irritation.
Seine Welt war noch immer nicht die ihre.....
Wer Belgaraths Prosa gerne im Langformat läse, kann sich auf seiner Homepage
die ansonsten Hans' Fotographiekunst vorstellt, seinen aktuellen, semiautobiographischen Roman kostenlos herunterladen.
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