last  potentielles liebesgedicht

abgeblitzt

Italienreise

klärendes gespräch

kreislauf

teppichluder

religion light 

 schleimheilig 

 

 

 

 

last
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

stück für stück
hab ich die tassen
aus meinem schrank
auf deinen schultern
zerschlagen

zurückgeblieben
bin ich nun allein

mit verheulten
augen und
dem staub darin

aus dem du
dich gemacht hast

 

 

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Italienreise
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

Verona. Die Luft ist hier so weich, dass man ständig in Versuchung gerät, sich, wo man gerade steht, hinzulegen und Schwalben zu zählen. Eine Frau auf einem grünen Fahrrad dreht Ehrenrunden auf dem Piazza. Ihr langer Schatten erzählt mir, dass sie ihren Zenit längst überschritten hat. Ich weine um sie stille Abschiedstränen. Man verdunstet dabei innerlich. Ich fühle mich fremd. Was an meinen andersartigen Gesichtszügen liegt, mit denen ich hierher fuhr. Meine innere Uhr zeigt fünf vor zwölf. Die Fahrt war lang. Der Tag beginnt gerade erst, während ich mich bereits am Ende fühle. Gegensätze ziehen sich warm an. An meiner Südseite ist noch Platz. Ich möchte dir so gern das Haus malen, um das sich die Schwalben einen Wolf fliegen. Ich würde es dir dann zum Winteranfang schenken. Wegen der vielen Sonne, die durchs Papier drückt. Leider schreibt mein Stift besser als er zeichnet. Für mich bezeichnend. Ich beschreibe es dir stattdessen. Es hat die Farbe von unzähligen Sonnenaufgängen, die sich in das Mauerwerk gebrannt haben. Und grüne Fensterläden. Solche, die man immer in diesen dicken Bildbänden über ferne Länder sieht. Bei denen die Farbe bereits abblättert. So wie aus den Gesichtern der alten Männer, die davor am Straßenrand sitzen. Sich die Tage aus dem Bart streichen. Die Köpfe vergraben in ihren frischen Zeitungen. Die Falten auf den Asphalt schlagen. Ganz oben, auf dem Dachgeschoß, eine kleine schwarze Fahne, vermutlich aus Eisen. Sie bewegt sich nicht. So sehr ich auch hinschaue. Ein rostiges Geländer soll dich davon abhalten mit den Schwalben zu fliegen. Es ist nicht sehr hoch. Also hab Mut. Ich weiß nicht was sie sich dabei denken. Ein weichgezeichneter Morgen. Ich lasse dich wirken.

Abends. Ich werde mich heut Nacht von allem frei machen. Mich neu verliegen. Mich nur mit einer Brise Sommerluft zudecken. Die riecht hier nach Frieden. Keine Ahnung, ob er echt ist. Jedoch macht er die Augen schwer. Das Atmen leicht. Die Gedanken locker. Die Nacht lässt Milde walten. Ich will nur von dir träumen, aber das ist schwer. Der Tag war lang. Länger als mein Atem reicht. Das Leben lässt mich in Ruhe.

Florenz. Wird als die Stadt in Erinnerung bleiben, in der ich Gott beleidigte. Er war wohl zugegen, sagt man mir. Ich trug eine Mütze im Dom. Erklär einem Agnostiker mal, dass Respekt etwas mit Textilien zu tun hat. Können sie sich das vorstellen, fragt der Touristen-Duce. Nein, bin ich mir sicher. Sie haben doch die Bibel gelesen? Nein danke, bleibe ich höflich. Ich bekomme einen Schlag nach dem anderen. Vom nie abreißenden Strom der Touristen. Bauch und Kopf sind aufgebläht von der Fast-Food-Kultur. Mir stockt der Atem. Weil die Stadt es so eilig hat, noch älter zu werden. Sich ihr einmal für ein paar Minuten zu überlassen ist nicht möglich. Sie verschränkt die Flussarme. Überall Statuen. Überall Statuten. Ich starre mir Fluchtlöcher in die Mittagshitze. Wir laufen aufgereiht wie an einer Schnur. Deshalb schneide ich die Kurven. Zuhause werde ich mir einen Strick nehmen. Als Lasso. Um die vielen verlorengegangenen Augenblicke einzufangen. Ich jage meinem Schwanz hinterher. Was du wohl gerade tust.

Meer. Ich wollte immer Meer. Und heute bekam ich es schließlich. Ich lasse mich in Sicherheit wiegen. Auf dem Rücken. Die Gedanken kommen mir bereits zu den Ohren heraus. Schlagen Wellen. Branden gegen den Strand. Abend gegen Zehn schließen sie das Meer. Als ob sie das Recht dazu hätten. Privilegierte. Was einem bleibt ist das Rauschen in den sandigen Ohren. Immerhin habe ich mich heute freigeschwommen. Windstärke Zehn in meinem Brustkorb. Du brennst mir auf der Zunge.

Pisa. Man baute hier wohl schon immer auf andere. Deshalb lief so einiges schief. Geradewegs, machte man das beste daraus. Auch hier rinnen mir die Menschen in Strömen von der Stirn. Man schneidet sich leicht ins eigene Fleisch. Ist man doch selbst sehr weit her geholt. Der berühmte Turm hat Rückenschmerzen. Ich zeige ihm die kalte Schulter. Er lehnt sich daran. Man schießt mit Fotos. Sie hinterlassen Spuren am müden Marmor. Gierig trinke ich das Wasser, neben dem die Pisaner gebaut haben. Ich schwitze um dreihundertsechzig Grad. Ich versuche mich. Salzig. Ich werde dir eine Kostprobe von mir mitbringen. Souvenir nennt man das wohl. 

Strand. Die tägliche Dosis Fleisch. Ich verlaufe mich im Sand. 

Wolken. Lassen sich nur selten sehen in den ersten Tagen. Jetzt wachsen sie mir über den Kopf. Den ich sogleich hineinstecke. Am Horizont kann ich dich untergehen sehen. Ich lasse mich fallen. Ich falle also aus allen Wolken. Ich breche mit dir. Wolkenbruch. Macht mir schmerzhaft Entfernung bewusst. Ein offener Bruch, direkt über dem Herzen. Und dann plötzlich.

Regen. Er trifft mich tief. Wie Stecknadelköpfe fühlt er sich an. Fühlt sich wohl. Ich lasse mich anstecken. Über mir lügt der Himmel währenddessen das blaue herunter. Es ist anders als daheim. Heute bin ich naiv. Ich glaube an dich. Du tropfst mir von der Seele. In einem mächtigen Schauer gehst du auf mich nieder. Ich sollte nicht zuviel an dich nachdenken.

Lucca. Die Welt ist hier sehr klein. Und man hat vorsorglich eine Mauer darum errichtet. Sie sagen. Damit keiner hinein kommt. Ich denke. Dass keiner aus sich raus kommt. Die Menschen hier sind auf allerhand stolz. Auf Mauern, die sie nicht erbauten zum Beispiel. Und auf Backwaren. Es riecht nach verbrannter Erde. Und man bezahlt Eintritt für jeden Quadratmeter. Selbst die Tauben scheinen hier nicht herzugehören. Als wir gehen wieder Regen. Der Staubschicht auf den Köpfen der Menschen ist zu dick. Sie lässt sich nicht reinwaschen. An den Wänden finden sich zahlreiche Hakenkreuze. Abgehakt. Ich will heim.

Gardasee. Ich see. Den See. Und gee.

Zurück. Alles ist noch an seinem Platz. Ich auch. Es liegt ein beißender Geruch in der Luft. Gewohnheit, erkenne ich wieder. Es treibt mir die Tränen in die Augen. Ich hänge in aller Hinterhofruhe die Bilder aus meinem Kopf an die Wände. Die mein Sein begrenzen. Alles auf Anfang. Mir rieselt der Sand aus den Augen. Die Lippen sind noch salzig. Schon morgen werden sie wieder die alten sein. Das Leben übrigens auch. Die Melancholie des Heimkehrens lässt mich über mich selbst schmunzeln. Das Meer hat seine Spuren hinterlassen. Meer nicht. Ich suche deine Fußstapfen um anzukommen.

 

 

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teppichluder
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

ich möchte
dass du von
heute an

auf dem boden
im flur schläfst

denn wenn ich
mit der tür ins
haus falle

wäre es schön
wenn ich bei dir
landen könnte

 

 

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potentielles liebesgedicht
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

wenn ich könnte
würde ich

und zwar die
ganze nacht

und ohne
luft zu holen

und dir würden
die worte fehlen

so wie mir 
die möglichkeit

 

 

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klärendes gespräch

hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

du wirst federn 
lassen und gänsehaut 
wird zu sehen sein

wenn ich dir erst einmal
alles an den kopf geworfen 
habe werden frostbeulen
zurückbleiben

ich schenke dir
reinen eiswein ein

vor mir wird dir
noch graupeln

denn ich mach
dich kalt

 

 

 

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religion light 
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

glaube ist 

vor einer 
verschlossenen
tür zu stehen

hinter der ein
leerer raum ist

anzunehmen
etwas würde sich
schon darin befinden

und froh darüber
zu sein dass man
keinen schlüssel hat

 

 

 

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abgeblitzt
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

du meintest
ich müßte doch
eine blaumeise haben

dass ich dich einfach
so aus einer bierlaune 
heraus vögeln wolle

und ich kann mich
nur fragen

warum gerade 
schnapsdrosseln
den schnabel immer
so voll nehmen müssen

 

 

 

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kreislauf
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

Ich fiel aus meinem Hauseingang direkt an den Straßenstrand. Oder anders: ich ließ mich fallen. Ein paar Sekunden rieselten durch die Finger, ein letzter Blick auf die Sanduhr und los. Geradewegs. Irgendwo. Hin. Für einen Moment schloss ich dann die Augen und stellte fest, dass die Brandung hier besonders laut rauschte. Der Lärm schlug gegen die Wohnfelsen und spritzte mich nass. Ich musste unbedingt in eine Nebenstraße, bevor man mir die Poren verschließen würde. Atemnotruf. Im Telefon gespeichert unter deinen Namen. 

Weiter. 

Ich lief auf eine Sandbank auf. Man hätte es kaum für möglich gehalten, dass es so was in einem Park gibt. Es saß auch ein Mann mit roten Wangen darauf. Gestrandet. Er hielt seinen Untergang noch fest in der linken Hand. Ich spiegelte mich in seinen Wangen, dass mir Bange wurde und wechselte die Straßenseite. Hin und wieder vertrage ich die Realität schlecht. In meinem Bauch grollte der Donner. 

Geradeaus und da hinten links gegangen. 

Ich bin mit mir selbst. Es tut gut, nichts sagen zu müssen. Mein Kopf sitzt fest. Auf meinen Schultern. Ich hab endlich die Ruhe, die ich brauche, um mir dich vorzustellen. Und den Platz. Gar nicht so leicht. Schließlich reduzierst du dich auf Worte. 

Bisher. 

Ein Wohnhaus von der Stange vor mir. Oben im Fensterrahmen sitzt eine Frau. Ich erkläre sie für nackt bis ich die Stofffetzen sehe, die mir energisch widersprechen. Ich versuche zu ihr rauf zu lächeln, denn sie schaut auf mich hinab. Geschlechter desto besser. Doch ein Windstoß wirft mein Grinsen gegen das Mauerwerk. Keine Augenblicksromanze. 

Diesmal. 

Ich komme über sie hinweg als ich auf einmal um die Ecke in eine vertraute Straße gespült werde. Trotzdem die Frage nach wo ich bin. Seltsam, wie sich die Welt manchmal verändert, bloß weil man auf der anderen Straßenseite läuft. Oder aus der entgegengesetzten Windrichtung kommt. 

Blickwinkel. 

Ich hole dein Bild aus meiner Hosentasche und hänge es in den Himmel. So, dass ich es auch am anderen Ende der Stadt noch sehen könnte. Ich wechsele auf deine linke Seite. Dort fühl ich mich daheim. 

Im Gleichschritt. 

In einem roten Auto hängt ein Holzkreuz am Innenspiegel. Vielleicht ein Kreuzfahrer, denk ich mir und vergesse schnell. Eine Frau kommt mir entgegen. Sie hat Blumen in der Hand und ein Veilchen im Gesicht. Sie schaut, als würde sie sich die Blumen lieber selbst schenken. Leider hab ich keine Primeln dabei. Ich hätt sie ihr an den Kragen gesteckt. Werd es dir sagen. Durch die Blume, wenn wir mal welche zusammen finden sollten. Falls wir uns finden sollten. 

Ein Vielleicht mehr. 

Ich schaue in die Sonne. Das kann man heute. Hab ich extra arrangiert. Damit dir warm wird. Manchmal bin ich ein Kind. Du hast bereits eine dickes Fell. 

Immer weiter. 

Hinter mir klimpert es. Das muss die Frau sein, die mir soeben entgegen kam, denk ich noch. Ihre Wimpern klingelten bei jedem Schritt. Ich verdrehe mir den Kopf. Ja das geht. Ich sehe eine Mädchen, dass einem zehn Cent Stück hinterherläuft. Beide rollen. Das Geldstück an sich. Das Mädchen mit den Augen. Wegen deinen schlafe ich so schlecht. Und träume doch so gut. 

Auf dem Weg. 

Ich betrete den Konsumtempel. Kein Kniefall diesmal. Ich bin Aussteiger. Wenn es um Busse geht. Im Supermarkt sehe ich an der Kasse eine Frau, die ihr Geld nachzählt. Stundenlang, wie es scheint. Als ob sie mit ihrem Leben bezahlen und keine Sekunde verschwenden wollte. 

Menschlich. 

Dann bin ich wieder draußen. Sie rufen mir Sonderpreise für meine Seele nach. Ich renne. Besser ich flüchte. Zu dir. Du bist nicht die Welt. Aber eine besonders lebenswerte. Dort sitz ich während der ganzen Busfahrt. Ich schließe einen Wohlfühlpakt mit einem Mann, der sich mutig neben mich setzt. So nah, dass sich unsere Arme berühren. Wir transpirieren ein wenig, bis zur nächsten Haltestelle. Dann trennen sich unsere Wege. Ich wollte nichts über ihn wissen. 

Zum Schlussanstieg. 

Es passiert nicht mehr viel. Denn ich habe meine Scheuklappen auf. Sieht gar nicht mal so übel aus, sagen die Leute. Aber ich hör sie nicht. Dann eine Frau. Ihr Rock war schwer beschäftigt. Ihre Beine würde man vom Mond aus sehen, so lang waren sie. Ich war ein einziges Klischee. Und biss mir auf die Zunge. Man zog meine Zügel straff. Dann überlegte ich es mir doch anders. Wenn ich nackt durch die Straßen gehen würde (oder "ginge"), dürfte ich mich über nachgeworfene Feigenblätter nicht wundern. Ich riskierte einen Blick. Sie stopfte mich in der Zwischenzeit in eine Schublade. Touché. Dann war ich daheim. Im realistischen Sinne. Denn es gibt nicht viele Türen, zu denen meine Schlüssel passen. Hast du eigentlich ein Schloss um die Brust? 

Letzte Schritte. 

Es schloss sich der Kreis in dem ich gelaufen war. Ich hatte dich endlich umzingelt.

 

 

 

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schleimheilig
hibernationkid (Felix Wetzel) © datum

wenn an gelachten ästen
geläuterte vokabeln hängen

und kitsch und schmalz
sich rasend schnell vermengen

dann ja dann ist´s zeit
dass neue triebe sprießen

und das gewehr zu nehmen
um alle zu erschießen

 

 

 

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Felix Wetzel im Poetenladen

 

 

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