Märchenstunde | ||
Glauben
Sneaky
© 2005
Sonett
Mit Blumen schmücken wir der Toten Särge,
wir schreiben Worte in die harten Steine,
und wissen doch, dort liegen nur Gebeine,
bedeckt bloß durch ein Stück geformter Berge.
Der Stein erinnert uns, wir sind nur Zwerge.
Die Worte stehn` für „ich fühl mich alleine“
Die Blumen für die Tränen die ich weine,
ich denk` der Tod ist Gott der liebste Scherge.
Zypressen, Immergrün und alte Eichen,
umrahmen Wege, Gräber und Kapelle,
dort hinten steht des Christengottes Zeichen.
Wer gläubig ist, der sieht statt Dunkel Helle,
und fühlt die tiefe Trauer in sich weichen,
ein Tropfen war`s, der heimgekehrt zur Quelle .
Deus ex Machina
Sneaky © 2005
Verdammt, ist dieser Vollidiot denn blind,
dass er nicht merkt wie knapp das eben war?
Dem machte ich, wenn ich’s nur könnte, klar,
dass and`re auch noch auf der Straße sind
Wenn man mal einen braucht, `nen Bu.. äh Rind
auf grauer Wiese, machen sie sich rar,
da gilt dann nur, „auf eigene Gefahr“,
in dem Gestank von fremdem Vollgaswind.
Ein Blitz vom Himmel in den blöden Hund,
das Messer führen, das im Sack aufsprang,
- das wäre infantil und ungesund -
schnell runterschalten, vierter, dritter Gang
die Drehzahl läuft in roter Wut schön rund,
da blitzt`s, der Arm des Herrn ist wahrlich lang.
Märchenstunde
Sneaky ©
Villanelle
Der Klang der vielen schönen Sagen
von Zwergen, Kobolden und Feen
ist nur ein Traum aus Kindertagen.
Ich les` sie gern, kann rückwärts gehen,
ich kenn die Antwort auf die Fragen
von Zwergen, Kobolden und Feen.
Auch Elfen haben Grund zu klagen,
das Schlechte lebt, bleibt Gutes stehen?
ich kenn die Antwort. Auf die Fragen
wie wird es mir als großem Kind ergehen,
kommt Antwort noch in Niederlagen,
das Schlechte lebt. Bleibt Gutes stehen,
im Morgen, in den vielen Tagen,
das werd ich erst viel später sehen,
kommt Antwort noch . In Niederlagen
kann Lust auf Märchen wohl vergehen.
Der Klang der vielen schönen Sagen,
das werd ich erst viel später sehen,
ist nur ein Traum aus Kindertagen.
Karibik-Blues
Sneaky © 2005
Sonett-Kranz
I
Der Morgen schwängert meergesäumte Küsten
mit Luftgemisch aus Blei und Hitzeflirren
der Himmel Ton in Ton mit Wasserwüsten.
Gewehrstahlblau, man ahnt und fühlt das Klirren
des Horizonts, der abstürzt in die Meere,
nichts bricht die Stille, Fiebermücken sirren.
Das Wasser schwappt wie tot an alle Wehre,
der bracke Salzgeruch dringt in die Poren,
bis sich die Haut erweicht wie heiße Teere.
Die Vögel haben jedes Lied verloren
an diesem Morgen voller heißer Leere,
heut wünscht sich alles tot und ungeboren.
Die Sonne küsst die Erde heiß, voll Hassen,
Kein Mensch in Sicht, der Hafen liegt verlassen.
II
Kein Mensch in Sicht, der Hafen liegt verlassen
seit Tagen alle Mann in See gestochen,
Dublonen locken rot in Spaniens Kassen.
Wie Haie, die im Wasser Blut gerochen
verfolgen sie die Spur der Galeonen,
die feist vom Sklavengold aufs Meer gekrochen.
Randvoll mit Silber, glitzernden Dublonen
geht's heim, das Fleisch geschunden von den Knochen,
um sich fürs Töten festlich zu belohnen.
Jetzt ruhen, träg wie Tiere vom Begatten,
an Ankertrossen dümpelnde Fregatten.
III
An Ankertrossen dümpelnde Fregatten
erzählen sich das Wiegenlied vom Sterben
vom Plankengang und leeren Hängematten.
Gezackte Löcher, Masten voller Kerben
sind jetzt nicht wichtig, denn die Sinne brennen
auf eine heiße Nacht voll Hurenwerben.
Wenngleich die Weiber keine Namen kennen
versprechen sie ein tröstliches Vergessen
und werden jeden Kunden Liebster nennen.
Wer das nicht will, ergibt sich Trunk und Fressen
dem Spiel, dem Tanz, dem rührseligen Flennen,
um Tod und Angst aus sich herauszupressen.
Die Bukaniere, die zuviel schon hatten,
verströmen Bilgewasser aus Speigatten.
IV
Verströmen Bilgewasser aus Speigatten,
erwacht ein Alptraum in den Hafenbecken,
der Flossenschlag der vielen nimmersatten
Hyänen, die die scharfe Jauche schmecken,
aus Blut und Angstschweiß, Salz und Teer und Fetzen
von Wundbrand, Eiter, kläglichem Verrecken.
Das Wild, das diese Rudel einmal hetzen,
wird keinen Aufprall auf den Boden fühlen
im Tod, da sie selbst kleinste Brocken schätzen.
Das Wasser schäumt vom fieberhaften Wühlen
nach Beute, nach den allerbesten Plätzen,
nichts wird die Ebbe in die Tiefsee spülen.
Erwacht die Gier, dann ähneln sich die Rassen,
die Nacht erschrickt, der Mond ist am Verblassen.
V
Die Nacht erschrickt, der Mond ist am Verblassen,
sein letztes Licht macht alle Tiere zittern,
und Unterschlupf in Höhlen suchen lassen.
„Heut drückt mich was wie Ahnung von Gewittern....“
„Lasst`s gut sein Käpt`n , lasst uns feiern gehen,
von Ahnungen die Laune nicht verbittern“
Selbst wenn nun wochenlang die Stürme wehen,
so machts nichts aus, wir haben reichlich Beute...
Jaja, schon recht, du kannst das nicht verstehen
Mir ist... ich weiß es nicht...., so seltsam heute
ums Herz, doch werden wir uns später sehen,
jetzt geh, ich stoße bald zu meiner Meute.
Ich muss nur unverbrauchte Luft noch fassen,
die Straßen stinken nach Gewürz und Prassen.“
VI
Die Straßen stinken nach Gewürz und Prassen
so süßlich wie die rotgefleckten Planken...
....ich kann nicht mehr, ersticke in den Massen
von Vieh um mich herum, von all dem kranken
Gewimmel, das sie dümmlich Leben heißen
und einem irren, schwarzen Gott verdanken.
Gibt’s denn nicht mehr als Wolfsgeheul und reißen
in dieser Welt, dem Rudel vorne dran zu laufen,
zu fressen, saufen, schlafen, huren, s*****n?
Ein Schritt nur war`s vom Regen in die Traufen,
nun heißt es jeden Gegner totzubeißen,
bis sie in meinem eig`nen Blut mich taufen.
Das Pack da wird kein Denken heut ermatten,
zum Klang der Flöten quieken alle Ratten.
VII
Zum Klang der Flöten quieken alle Ratten
so lang wie möglich ihre Lieblingslieder,
den Rest Verstand geh`n sie im Suff bestatten.
Ob einer denkt wie ich - so hin und wieder -
wie es denn wäre, gäbe es Vergeben,
ein andres Dasein führen , still und bieder?
Wohl nicht, sie kennen doch nur ein Bestreben,
Befehle zu erhalten, Brot und Spiele,
die Führer suchen, die es ihnen geben.
Sie sind mir treu, solange meine Ziele
genügend Gold versprechen, fettes Leben
ansonsten heißt es: einer gegen viele.
Sie sollen nur Erlösung sich gestatten,
im Bacchanal. Was wirft die langen Schatten?
VIII
Im Bacchanal – was wirft die langen Schatten? –
erkenne ich den Tiger, den ich reite,
er trägt , wenn mir die Hände nicht ermatten.
Heiß spüre ich den Stich in meiner Seite,
warm quillt mein Blut, ich falle tief und stehe
am Styx, wo ich ins Boot des Fährmanns gleite.
Noch eh` ich in die Nebellande gehe,
legt der Verräter mir zwei Silberlinge
auf meine Augen, dass ich nichts mehr sehe.
Was ich noch über meine Lippen bringe,
„warum?“ klingt fad, da ich doch gut verstehe,
es gilt nur eins, nur das Gesetz der Klinge.
Das Licht wird schwach, die letzten Lampen fassen,
durch Fenster in das Dunkel krummer Gassen.
IX
Durch Fenster in das Dunkel krummer Gassen
dringt tosend der Applaus der wilden Horden
die sich den neuen Herrn gefallen lassen.
Er prahlt, von allen seinen vielen Morden
sei ihm nicht einer jemals so gelungen;
nun sei der Beste Kapitän geworden.
Sein Hohn ist auch im Totenreich erklungen,
er zerrte mich zurück aus dem Vergessen
Persephones, in das ich eingedrungen.
Zu feige um sein Schwert mit mir zu messen,
stieß er ein Messer tief in meine Lungen
und mästet sich nun feist an meinem Essen.
Er grölt, dass nicht mal ich den Rückweg fände,
doch plötzlich wird es still, eiskalte Hände........
X
Doch plötzlich wird es still, eiskalte Hände
umfassen streichelnd seine Doppelkinne,
er lallt, nur seine Augen sprechen Bände.
Mein Lachen klingt, dann schwinden seine Sinne,
sein Leben sauge ich ihm aus den Knochen,
er kämpft dagegen an, doch ich gewinne.
Dann ist der letzte Widerstand gebrochen,
er stirbt, für ihn wird’s keine Münzen geben,
ich habe ihm die Augen ausgestochen.
Nun soll er zwischen beiden Welten leben,
sein Name als ein Fluch stets ausgesprochen,
bis sich die Meere in die Himmel heben.
Ich lasse Wut und Hass die Zügel schießen,
sie streifen Rücken, schweißnass vom Genießen.
XI
Sie streifen, - Rücken schweißnass vom Genießen -
in Todesangst die Wände dieser Schenke,
in die ich Zorn und grelles Lachen gieße.
Den kalten Leichnam des Verräters henke
ich in den höchsten Turm auf meinen Inseln
dass jeder weiß, wie ich mir Rache denke.
Dort kann er dann mit den Dämonen winseln,
die ich beschwöre aus den tiefsten Tiefen,
ein Bild zu malen mit den schwarzen Pinseln.
Mein Hass erweckt Legenden die schon schliefen,
als diese Welt kaum sieben Tage währte,
als Menschen noch nach wahren Göttern riefen.
Nun brechen selbst die letzten Widerstände,
zerklüften Böden und zerspalten Wände.
XII
Zerklüften Böden und zerspalten Wände
im harten Würgegriff der Anderswelten,
ist`s mit dem halben Tod von mir zu Ende,
doch vorher koste ich wie süß Vergelten
doch schmeckt, selbst hier in diesen Zwischenreichen,
dem Land der Mythen aus der Zeit der Kelten.
Ja, flieht, für Ratten gibt es kein Entweichen,
das Lied ist angestimmt, es wird euch fangen,
ich ende erst auf einem Berg aus Leichen.
Kommt Flammen, tanzt mit mir den Tanz der Schlangen,
wo bleibst du Meer, du kauerst hinter Deichen?
hol alles, was vor Anker hier gegangen.
Die Stadt versinkt schon, halb entzweigerissen,
das Maul der Erde schnappt sich seinen Bissen.
XIII
Das Maul der Erde schnappt sich seinen Bissen
so gleichgültig wie Menschen Halme knicken,
und kennt wie sie nicht eine Spur Gewissen.
Es geht so schnell, in ein paar Augenblicken
wird’s nur noch Trümmer geben, Rauch und Asche
wie Nero kann ich nun zufrieden nicken.
Nur einen letzten Schluck aus dieser Flasche,
da vor mir würde alles golden machen,
wie lachhaft, dass ich noch nach Leben hasche.
Ich höre schon den Teufel und sein Lachen
er hat die Urkunde in seiner Tasche
aus diesem Traum werd` ich nie mehr erwachen.
Das Meer spuckt alle Schiffe auf die Strände,
was übrigbleibt wird Opfer wilder Brände.
XIV
Was übrigbleibt wird Opfer wilder Brände,
bis nicht ein Stein sich auf dem and`ren findet,
dann senkt sich Staub und Asche ins Gelände.
Der Faden, der mich an das hier noch bindet,
wird dünner, immer dünner und ich sinke
dorthin wo sich die alte Schlange windet.
Da hängt das Höllenhorn am Tor, ich trinke
aus ihm und schmecke alle Niederlagen,
erlebe neu, wie ich durchs Leben hinke.
Mit Fug und Recht wird jeder Mensch wohl sagen,
daß ich im Tod so wie im Leben stinke,
warum? wieso? nun, das sind gute Fragen.
Die Flagge da wird keiner je vermissen,
Black Jolly lacht, als ihn die Flammen hissen.
XV Port Royal 1692
Kein Mensch in Sicht, der Hafen liegt verlassen,
an Ankertrossen dümpelnde Fregatten
verströmen Bilgewasser aus Speigatten
die Nacht erschrickt, der Mond ist am Verblassen.
Die Straßen stinken nach Gewürz und Prassen,
zum Klang der Flöten quieken alle Ratten
im Bacchanal, - was wirft die langen Schatten,
durch Fenster in das Dunkel krummer Gassen?
Doch plötzlich wird es still, eiskalte Hände,
- sie streifen Rücken, schweißnaß vom Genießen -
zerklüften Böden und zerspalten Wände
das Maul der Erde schnappt sich seinen Bissen
was übrigbleibt wird Opfer wilder Brände,
Black Jolly lacht, als ihn die Flammen hissen.
Unheilbar
Sneaky © 2005
Sonett
Und gäbe es kein Ende, wär mir bang,
vor einem Gang voll endlos bleicher Zeit,
viel besser ist es, kampfbereit zum Hang
zu gehen, Sonnenuntergang ist weit.
Ich kann noch sehen, ohne Widerstreit
kein Flehen mehr, nehm ich das schwarze Tuch,
kein Fluch tönt mir im Ohr, nur Grabgeläut
und ein paar Zeilen aus dem Stundenbuch.
Nur kurz war das Verweilen, der Versuch
zu heilen, was nicht heilbar war, ging schief,
weil das, was schlief, zu sehr den Blutgeruch
begehrte, der so süßlich lockend rief.
Ich wußte, was ich tat, es war so gut,
da war ich Flamme, keine kalte Glut.
Das
letzte Blatt
Sneaky © 2005
Sonett
Der letzte Rest vom Licht, das rasch verglimmt,
malt Schattenspiele auf ein Blatt Papier.
sie bilden Zeichen, "ist kein Frühling hier?“,
bevor das Zimmer meinem Blick entschwimmt.
Ich war einst stark, das Herz von einem Baum,
bis eine Säge meinen Stamm zerfraß.
Für alles, das ich sah, doch nie besaß,
da reichten tausend Jahre Verse kaum.
Ich wurde kleingehackt, dann eingekocht,
bin - wurzellos gewirbelt in die Welt -
das letzte Blatt, in dem ein Grün noch pocht.
Wenn nicht ein Tropfen Leben auf mich fällt,
bevor die Flamme frisst den Rest vom Docht,
ist alles weg, dann starb ich nur für Geld.
Gewürgte
Reime
Sneaky © 2005
Wir sehn's genau, da hocken Trauben
von Weibern unter Trockenhauben
da können wir in Scharen höhnen
"die lassen an den Haaren schönen,
wobei mit Lehm gefärbt im Sommerwind..."
da zischt`s "ich zeig dir gleich mal, wo mer sind"
gar garstig wie die Klapperschlangen,
bis wir ganz kleinlaut schlapper klangen.
Das Galgenlied der Nachtigall
Sneaky © 2005
Sonett
Die Nachtigall verabscheut allen Tod,
ihr Lied vom Leben singt sie in der Nacht
als Botschaft für ein neues Morgenrot,
das Hoffnung birgt, das Ende jeder Schlacht.
Der Strick am Galgen, der ein Ende macht
ist ihr ein Greuel, dort erstirbt ihr Sang,
vor Tönen wie sie gern die Krähe lacht,
beim Weg vom Kerker bis zum kahlen Hang.
Kaum einer weiß, ihr lieblicher Gesang
ist nichts als Üben, Üben für den Tag
an dem Magie gefragt ist, reiner Klang,
an dem die Axt sich hebt und senkt zum Schlag.
Und kommt der letzte Galgenbaum zu Fall,
erklingt das wahre Lied der Nachtigall.