Onkel Waldi gibt Rat

Waldemar Hammel am PC - Bild von Ara (Zum Vergrößern anklicken!)

Heute:
Hilfreiche Tips für die Verlagsfindung
von Waldemar Hammel © 15.-17.10. 2003


Eine Jungautorin schrieb:


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Hallo zusammen!

Ich habe gerade ein bisschen im Internet herumgestöbert und bin dabei auf etwas gestoßen, was mich, ehrlich gesagt, ziemlich geschockt hat:

"95% aller Manuskripte, die von bislang unbekannten Autoren an deutsche Verlage gesandt werden, werden abgelehnt."



Mir war schon seit längerem klar, dass es in dieser Branche härter zugeht als man vielleicht zuerst annehmen könnte, und dass das eine oder andere sofort ungelesen in den Papierkorb wandert; aber worauf kommt es dabei eigentlich in erster Linie an? Auf die Kurzbeschreibung? Auf den Titel? Auf die ersten paar Kapitel? Oder etwa auf alles zusammen?



Vielleicht gibt es hier ja den einen oder anderen Autor, der damit Erfahrung hat und einer armen (und nun etwas verwirrten) Dreizehnjährigen weiterhelfen kann...




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Onkel Waldis Antwort:

 

Ja, das ist ein riesiges Problem!

Obwohl, ich habe z.B. nie verstanden, warum die unbekannten Autoren nur 95% ihrer Skripte an bekannte Verlage schicken und nicht 100%, also alle.
Einfacher und billiger ist es auf jeden Fall immer, wenn man alle Skripte, die man hat, als bekannter Autor an unbekannte Verlage schickt, wobei einem selbst dann die Verlage aber bekannt sein müssen, sonst hat man keine Postadressen zum Schicken.

Andererseits ist heute aber die Postadresse auch nicht mehr allzu wichtig, weil die Deutsche Post AG das ganze Postverschicken auch bei Skripten nicht mehr so ernst und wichtig wie früher nimmt. Deshalb sagt man ja beim Briefeeinwerfen oder Paketverschicken "Man gibt die Post auf!" Ist natürlich voreilig, aber soviel Resignation steckt heute im Postwesen wie auch in der ganzen Wirtschaft.
Viele Briefe kommen nur noch per Zufall an, trotz falscher oder gar keiner Postadresse drauf, und andere kommen nie an, trotz richtiger Adressen.
Ganz viele Briefe kommen aber erst nach Jahren an, weil die Briefmarken langsamer geworden sind, und dann können die bekannten Verlage den unbekannten Autoren oft gar nicht mehr antworten, weil die Autoren mittlerweile oft unbekannt verzogen sind, sodaß sie damit noch unbekannter als eh schon werden. Und: Auch Verlage ziehen ja manchmal um oder machen zu, weil sie so viel zu lesen haben, daß es ihnen erstmal reicht.

Selbst, wenn Manuskripte ankommen, und der Verlag noch nicht zu ist, kommen sie oft doch nicht an, z.B., wenn man den Begleitbrief mit den Worten beginnt:

"Hallo, Lieber Herr Verlag..."
oder
"Na, ihr Herr und Frau Schussels! Hier kommt jetzt mein Schrieb. Sofort lesen!"
oder
"Hey Alter, schmeiß mal 'n Auge hier drauf, und dann sonder mal 'n Kommentar ab. Ich verlass mich auf dich!"

Auch sollte einem als unbekanntem Autor die Rechtschreibung trotzdem nicht unbekannt sein, denn, wenn der Begleitbrief schon viele Fehler hat, geht der direkt schonmal alleine zum Lektor, und das skript wird erstmal abgeheftet. Danach geht der Begleitbrief korrigiert und lektoriert zum Verleger, und der verlegt sich dann darauf, daß dieser eine Brief ja wohl ein wenig zu wenig sei um ein vernünftiges Buch daraus zu machen. Und dann kriegt man eine Postkarte vom Verlag, da steht drin, man sei ein Genie, aber das übersandte Manuskript passe momentan nicht in das aktuelle Verlagsprogramm. Und, da kann man geschrieben haben, was man will, das passt nie.

Besser geht es, wenn man jedem skript an einen Verlag ein paar Hundert-Euro-Scheine beilegt, und darauf hinweist, das die Texte auf den Scheinen nicht mehr lektoriert werden müssen, weil das die Deutsche Bundesbank schon gemacht hat. Dann freut sich der Verlag, weil er viel Arbeit spart. Und dann kriegt man eine Postkarte, man sei ein Genie, und das skript passe sicher in ein paar Jahren ins Verlagsprogramm, und man solle es also in der gemachten Weise zwischendurch immer mal wieder schicken.

Es geht auch manchmal, wenn man lügt, wie der Kohl oder der Schröder oder der Bush. Man sagt einfach, ein amerikanischer Verlag habe für das skript bereits 1000000 Dollars geboten, man sei aber deutsch und vaterländisch und wolle lieber hier veröffentlichen als hier nicht sondern anderswo. Mitunter hat ein Verlag nicht ausgeschlafen oder Kopfweh und fällt drauf rein.

Und: Man muß Geduld haben! Am besten schickt man mit 13 Jahren ein skript ein, daß man mit 49 geschrieben haben wird, weil man dann mit 60 damit rechnen kann, daß der Verlag das skript veröffentlicht, falls man es im Alter von 68 nicht von der Post zurückbekommt mit "Empfänger unbekannt". Das ist genauso, wie man sich früher mit 15 einen Trabi bestellt hat, den man dann als 50jähriger bekam.

Die Literatur ist auch ein philosophisches Problem. Denn weil man als unbekannter Autor von den Verlagen, besonders von bekannten, nicht genommen wird, bleibt man unbekannt, und deswegen nehmen einen die Verlage nicht, zuletzt auch die unbekannten nicht mehr, sodaß man auf jeden Fall unbekannt bleibt, es sei denn nach dem eigenen Tod, aber da nutzt einem das beste skript nix mehr, weil man es dann ja auch nicht mehr an einen Verlag einschicken kann, sodaß man also sogar nach dem Tod noch immer unbekannt bleibt.

Es hat aber auch einen Vorteil als Autor unbekannt zu sein, weil man dann immer Hoffnung hat, daß Verlage noch erkennen können, daß sie einen nehmen und bekanntmachen sollen, und man deshalb ganz unbekümmert weiter schreiben kann. Es kann nix schiefgehen.
Bei bekannten Autoren ist es so, daß die mitunter gar nix mehr schreiben dürfen, oder jedenfalls nicht mehr soviel und nur noch sehr vorsichtig, weil, wenn die ein paar Mal hintereinander Mist schreiben, der sich nicht verkaufen läßt, werden sie bekanntermaßen schnell wieder ganz unbekannt (so wie z.B. Dieter Bohlen in 10 Jahren)

 

Hier ein taugliches Beispiel, das mit Sicherheit feedback ergibt:


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copyladen overholz, bochum, copy 00956
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Lieber Herr Kinder-malen-Bilder-Verlag,
hallo, Herr Redakteur, hi, Frau Redakteurin (multigender: Schwule, Lesben, Transen, Vegeganier included),

Guten Tag lieber Lektor,
liebe Frau Claudia Lektorin usw.

prämissis prämittendis,

ich schicke Ihnen hierbei meinen 1800 Seiten Roman zu spannender Kurzweil.

Mein munterer, lebendiger Schreibstil fügt sich wunderbar in die von mir eingehaltene Form des Anschreibens hier und meines Romans dort, auf dem dritten Stapel. Ich bin noch ganz jungfräulich unerkannt als Autorin in spe und esperanza. Daher bin ich überzeugt, dass das Lesen meines Romanwerkes Sie sehr überwältigen wird, wie es mich beim Aufschreiben getan hat.

Warum?
Mein Roman ist in mehreren Sprachen gleichzeitig verfasst, in Hochdeutsch, weil das mir so üblich dünkte, nu ja, in normalem Deutsch, weil wir das auch zu Hause oft so sprechen, in Straßendeutsch, damit gutes Lokalkolorit hineinkommt, und in hessischem Dialekt, dort wo im Text Hessen ist und wo die Pro- und Kontra-tagonisten einfach mundartlich sprechen müssen.
(Also bitte nicht diese Passagen korrigorisch oder lektorisch enthessen!)
Um den Text aufzulockern, habe ich öfter lateinische Weisheiten von Homer, Laotse und Kungfu eingefügt und lasse außerdem mittlerweile verstummte mittelalterliche Handschriften an wichtigen Stellen zu Wort kommen.
Die englischen und spanischen Abschnitte habe ich aus dem Urlaub aufgeschrieben und mitgebracht, und weil sie so passen eingefügt.

Mein Text wird sie ein wenig an die spätlüneburgischen Schicksalsromane des Heidetragiers Hermann Verlöns aus dem frühen 20.Jh. erinnern (z.B. "Der Werwolf im Torfmoor von Buttenhagen"). Das ist Absicht, und dann ein Anzeichen für Qualität, wie mein Mann und Musenfreund auch immer sagt. Miguel Cervantes de Saavedra stand Pate bei der Szene, wo der Esel ertrinkt ("Die Reise zum Parnass"). Das Symbol der 105 Mandibeln habe ich von Deshonoré Malherbes entlehnt, der bekanntermaßen im 15.Jh. den Insektenroman "Maikäfer flieg nicht, dein Vater ist im Krieg schon umgekommen!" verfasste

Die Handlung meines authentischen Romans betrifft die Entwicklung eines jungen Mädchens, missbrauchte Magd beim Bauern Olwegge, vom 1. Lebensjahr an bis zu ihrer verkürzten Rente im Jahre 1998, wobei sie 1999 durch Rentenunfall verstarb. Das hat wirklich stattgefunden in Escheborn/ Hessen.
Das große Symbol, um das sich alle Romanfiguren und ihre Handlungen und Erlebnisse zentrieren, ist die Küche des Bauern Olwegge. Dort trifft man sich zum Kuchenessen, und es ist immer derselbe Kuchen, aber andere Stücker, so wie es ja auch immer dieselben Pertagonisten aber andere Passierungen sind.

Pflaumenbäume sind Rosengewächse, Rosazeen, so heißt die Magd, "Rosazea" und ohne Nachnamen, denn sie ist gefindelt und sondergefirmt gegen alles Böse in Bad Orb am Tag der Martinigänse.
Glooming plums in late autumn and Abraham a Santa Clara, und daraus abgeleitet Pflaumenkuchen, plumcake mit Zuckerstreusel (in meinem Text mundartlich: Streuselzucker)

Den Kuchen hat im Mittelalter der sagenverwitterte Vorbauer Hinrich Wohlbekomms backen lassen, der erste Landergreifer, und seit Jahrhunderten nährt er auf geheime Weise die Olwegges samt Gesindel.
Verstehen sie, Herr Lektor, die ungeheure Dramatikurgie zwischen dem Namen des Bauern "olwegge" = alles weg, immer alle, und dem Magischen nie-alle, immer-genug-da des zauberhaften Pflaumenkuchens. Ein niezuendender Kuchenkreis wie die Kornkreise in Schottland und Wales und hier in Bad Nauheim hinter Schnulles Wurstimbiss auch einer. Wobei alle protagonisierten Handlungspersonen immer nur von: "Tande Mechthilds Queddschekuche" sprechen (kurhessisches Platt für Pflaumenkuchen) Eine endlose Pflaumenkuchen-Spirale, nicht unähnlich einem DNS-Strang. Nur eben statt Wasserstoff- und Phosphatbrücken Streuselzucker.

Geschrieben habe ich den Roman seit Jahren und aus dem Grund, dass ich die Idee hatte, und sie zuerst lustig und dann aber zunehmend dramatigurgisch fand. Der Text beschreibt hintergründig meine biographische Entwicklung von der Nähseidenverpackerin bei Fa. Wolff bis zur Autorin eines Erfolgsromans, und noch hintergründiger die Erlebnisse meines Vaters im Krieg, und noch tiefergründiger das Leben an sich und sein Sinn und so, wie es ist.

Falls ich jetzt mit diesem Text ihrer Meinung und Überzeugung nach über Nacht einigermaßen oder noch viel berühmter werden sollte, was ich gar nicht die Absicht habe, sowas ist völlig unwichtig und mir egal, sollten sie mich vorher benachrichten, damit ich mir noch ein Pseudonym zulegen kann, wie jeder Berühmte eins hat, weil es sich gehört, und man ja auch mit den Steuern dann sehn muss, wo man bleibt.
Einen großen Vorschuss jetzt direkt brauche ich nicht, denn ich bin nicht käuflich und schreibe nicht um Geld, aber ich möchte mich da den Gepflogenheiten ihres Hauses nicht verschließen und ihnen unnötige Arbeit ersparen, sodass sie also jetzt schon problemlos alles überweisen können.
Und lassen sie sich mit ihrer direkten Antwort bitte ruhig höchstens 48 Stunden Zeit...

postmissis postmittendis,

Ihre Christa-Pflaumina Buhdel-Batsch

 


 

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