Weichen 

© DeGie 23.03.2004 -

 

Als das Leben vorbei war
reichte es Dir die Hand
und zog Dich fest zu sich zurueck
Oder warst Du es, die zog?


Wer vor dem Verhungern steht
studiert keine Speisekarten
Auch Du nicht


Der Zug ratterte
unaufhoerlich
zumindest zog er
so fragtest Du nicht nach den Weichen

In den Bahnhoefen sahst Du Dein Spiegelbild
wieder und wieder
verschwommen in der Glasfassade
doch wie Du Konturen erahntest
setzte sich der Zug wieder in Bewegung
geblieben nur
die vage Erinnerung
an ein Flimmern

Warst das Du?



Dieser Bahnhof ist anders
Die Gleise enden
Wieder ein Blick in die Scheibe
Doch das Glas laengst zersprungen
In den Scherben
nur noch ein Flimmern
und Du ahnst;
Das bist DU...


Der Weg zurueck zu Fuss
zurueck zur letzten Weiche
er wird schwer
und Du denkst an die zwei Koffer
sie haben nicht einmal Rollen...

Liegen lassen wirst Du sie nicht
Doch wer weiss:
Vielleicht bringen sie die Balance
die Dir zu fehlen scheint
denn die Beine sind stark genug

Gerne ist man Passagier
doch gibt es Wege
die kein Rad je durchquert






Die Weiche
Ich bin sicher, Du wirst sie erreichen
Was Du einst aus dem Fenster geworfen hast
weit vom Gleis kann es nicht sein...


Beim naechsten Zug wirst Du es laengst wissen:
Entferne Dich nie zu weit von den Weichen!
Man muss sie wohl schon stellen
Doch der Zweck ist nicht
dass der Zug ankommt
sondern der Reisende
DIE Reisenden...





Als das Leben vorbei war
reichte es Dir die Hand
Ich hoffe, Du siehst:
Sie ist noch da!

 



 

Für Minouche

 

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Kommentar von Sandra, 23.03.2004
So:... Ich habe Deine Weichen gelesen, ein zweites und drittes mal und wieder. Wir könnten uns fremder nicht sein, Michael, und doch finde ich mich in keinem Gedicht so sehr wieder wie in den Deinen. Das ist das Problem, der Irrtum. Deshalb glaubte ich lange, wir denken gleich... Deine Zeilen tun weh beim Lesen und sie gehen mir sehr nah... "und Du denkst an die zwei Koffer sie haben nicht einmal Rollen..." ... Sie sind schwer, das stimmt, aber sie helfen das Gleichgewicht zu tragen. ... "Entferne Dich nie zu weit von den Weichen!" ... Ich tat es mehr als einmal und es war ein Fehler... Es ist dunkel, es schmerzt und ich liebe es. Wieder mal zu viel Pathos in meinen Worten :)) Sehr gut geschrieben, beeindruckend und wunderschön. Sicher wusstest Du das schon vorher ;)... Gruß Sandra 

 

 


Der Weichensteller
© Minouche 23.03.2004
 Das Leben steht nicht. Wie ein Zug, bewegt es sich. Unaufhaltsam, vorwärtstreibend, die Schienen hallen wider vom Rattern der Räder des Zuges, der unaufhaltsam rast in die Zukunft, die niemand erahnen kann. 
Wer bist du? Bist du der Mann in dem Glaskasten? Der, der hinaus geht bei jedem Wetter, die Weichen stellt? 
Er trinkt seinen Kaffee still in seiner Kabine, nicht denkend, nicht grübelnd, er versinkt in seiner Zeitung, die er sich mitnimmt in sein Glashaus. Er hört das Huhlen, er hat sein Funkgerät parat. Der Zug naht. Er stellt die Weichen. Er geht hinaus in diese Nacht. Sie ist lau. Er hört die Grillen zirpen in ihrem hirnlosem schönen ohrenzerreißendem Schrillen. Er riecht das Heu des frischgemähten Feldes. Er denkt an nichts - außer an die Nacht. Und an den Zug. Er geht an die Weiche. Er denkt. Er lenkt. Den Zug. Der donnernd heranrauscht in gedankenloser hinreißender Geschwindigkeit. Er fühlt das Vibrieren in den Schienen, er fühlt die Hitze, die innewohnt, in Metall, das sich reibt an Metall. Ein Geruch nach Eisen. Ein Geruch nach Blut. 
Er fühlt. Der Weichensteller. Und er stellt die Weichen. Und der Zug rauscht funkenstiebend in der Sommernacht an ihm vorbei. Fragmente von Heuduft und glühendem Metall streifen seine Nase, bevor er zufrieden zurückgeht. In sein Glashaus. Der Kaffee wartet.

 

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Invasion der Lupinen
© DeGie 24.03.2004
Lupinen sind SchmetterLingsBlütler. Sie kommen zu zweien und kreisen Dich ein.

 ... "Wenn im Zirkel deiner Welt
einzig du so lange schon 
allein im Zentrum kreist 
dann suche mich 
im Bildnis abgelegter Träume
" ... 
(© Sandra)

Ihre Konturen werden schärfer. Im Vorbeifahren kaum zu sehen, doch jetzt, wandernd gegen den Wind und neben dem Gleis, sieht man sie ohne das frühere Rattern und Vibrieren... Sie scheinen zu schlafen. Neben Dir eine leere Bank. Für einen Moment hältst Du inne... Ist dies der Ort, Träume zu wecken? ... Nach wenigen Minuten setzt Du Dich wieder in Bewegung. Die Träume schnallst Du unter die Koffer. Am Anfang verhaken sie sich im Boden, doch schon bald gleiten sie nur so daher

... "Doch es ist so 
 so und nicht anders 


dass der Himmel im blassen Morgen 
seine Farbe verliert 
wenn der Horizont sich entschließt 
sein lachendes Blau 
den Wellen zu schenken
" ... 
( © Sandra)

Das Meer scheint noch weit... Scheinbar zu weit, doch wenn der Wind für den Moment innehält, hörst Du ein leises Rauschen... Du beschließt, Du wirst einst angekommen sein... Es wird dunkel. 

... "Einsam ist ihr Weg 
 Undurchdringlich schwarz 
 sternenlos die Nacht 
die ihren dunklen Mantel 
um sich schwingt 
Diese Nacht - zieht sich Augen an 
 wird Silhouette mit Substanz 
 mit eisigkalten Händen" ... 
(© Minouche)

Mehr hörend denn sehend kommst Du voran. Aber irgendwie geht es. Muß es gehen. ... Stunden. Ewigkeiten. Es wird heller. Konturen erscheinen wieder langsam, doch Du bemerkst es kaum. Dein Ohr weist Dir den Weg.

 ... "Im Morgennebel 
klingt wehmütig leise 
 der Amsel Liebeslied" ... 
( © Minouche)

Der Nebel lichtet sich. Die Weiche hast Du passiert - Du weißt es nur nicht. Ein Zug naht. Er hält an. Warum hält er hier an? ... 
Du steigst ein. Welche Richtung wird er nehmen? ... 
Nach Stunden erst wird es Dir klar. Dein Spiegelbild im Bahnhofsglas. Immer klarer erscheint es. 

Wer hatte die Weiche gestellt? Du stellst Dir den Weichensteller vor. Schläft er gerade? 

Manchmal irrst Du... 
Der Weichensteller... warst Du .... Du schaust ein letztes Mal in das Glas des Bahnhofes. Immer schärfer werdende Konturen. Dahinter erkennst Du 
... das Meer... 

 

 


Kommentar von ElfenPein, 26.03.2004
es ist immer schön, wenn es menschen gibt, die bei zügen immer ans reisen denken. oder an weichen. aber manche gibts, die denken nur ans sterben. (sieh das jetzt als kommgedicht, dögie)

 

 


Lupinen
© Minouche 27.03.2004

Das tiefe Blau von Lupinen
Ein Teppich an der Boeschung
Der Zug rast vorbei
Das Blau wird verschwommen nur wahrgenommen
So wie die Zeit
Die flieht
Unaufhaltsam
Alles in sich schlingend in ihren Sog
Ist es ein Wurmloch?
Schneller in die Zukunft fuehrend
als wir ertragen koennen?

Zugfenster spiegeln
Fragmente eines Gesichtes
Nur Augen erkennbar
Und ein Mund
Schemen einer Nase
Die Fluegel zitternd
vor Angst, was die Zukunft bringen mag
Traenen
truebe glitzernd wie ein gebrochener Diamant
in der schlierigen Scheibe des Fensters.

Die Koffer gepackt
Die Hoffnungen gut verstaut zwischen der Unterwaesche
Die Aengste ganz zuunterst
In den Geheimfaechern der Koffer.


Da, eine Weiche!
Der Zug rattert, die Raeder kreischen
Der Weichensteller laechelt
in die Zukunft
Realitaet im Geschwindigkeitsrausch
Beschleunige! Beschleunige doch!

Eine andere Richtung.
Der Zug rast in die Nacht
Ahnungen von Kommendem
Duft von Heu und allem Vergangenem
weht durch das geoeffnete Fenster
Lupinen am Wegesrand
Verschwommenes Blau im Vorbeifahren.

 

 

 

 

 

 

Ankommen
© DeGie 29.04.2003
Reisen wir mit den Zügen, die uns von der Geburt in die ewigen Jagdgründe befördern und oft Jahrzehnte brauchen? Oder werden wir entführt? ... Weichen, es gibt nicht so viele, aber es gibt sie... Dazwischen alle Wege vorgestanzt... Erst wenn man angekommen ist, merkt man, daß der Weg das Ziel gewesen ist... Im Geschwindigkeitsrausch streben wir dem Morgen entgegen und werden erst zu spät merken, daß wir das einstige Morgen kaum mitbekommen haben... Der Windzug an der Nase läßt uns wissen, daß es kein Traum ist, doch wird es einst einer gewesen sein... Verschwommenes Blau... Viel ist davon am Wegesrand. Selten sehen wir es, wo wir doch immerzu nur nach vorne zu schauen versuchen... Der Weg zurück zur Weiche, das Aufspringen auf den nächsten Zug... Nur ein paar Momente zwischen Tag und Nacht... Sie bleiben... Wenn Du schräg in die Scheibe schaust, siehst Du ihr Spiegelbild...

 

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Lichter einer Stadt
© Aragorn 29.05.2004

Du sitzt im Zug. 
Nein, diesmal ist es kein einfaches Sitzen. 
Es war deine Wahl, diesmal erste Klasse zu fahren. 
Die roten Sitzbezuege aus Samt, 
haben dich fasziniert. 
Stunden schon, schaust du auf ihr Muster, 
die Gliederung der Fasern, 
wenn du mit deiner Hand darurber streichst, 
die weiche Oberflaeche leicht zitternd erfuehlst. 
Fragst dich, warum es wie Schatten aussieht, 
wenn deine Finger Linien in den Stoff zeichnen 
und bekommst keine Antwort, 
in deinem leeren Abteil! 

Neues moechtest du finden. 
Du glaubst, deine Weichen seien gestellt, 
bist dir so verdammt sicher, 
deiner Richtung zu folgen. 
ueberlegst, ob hinter den Spiegeln, 
der schwarzen Fenster in der Nacht, 
dein Leben neu beginnt. 
Stellst dir vor, wie Kuehe auf saftigen Wiesen, 
unbekuemmert weiden. 
Wuenscht dir, einmal nur, 
diese ungestoerte Ruhe, 
in der Ruine deines Seins. 
Willst dich erleben, 
ohne Manipulation fremder Einfluesse, 
die nie zum Glueck beitrugen. 

...doch dein Blick schaerft sich. 
Dein dunkles Spiegelbild stellt dir Fragen, 
die du schon immer glanzvoll umgangen bist. 
So sehr .....ist deine Verdraengung in diesem Augenblick, 
wo dein Ich das erste Mal zu traeumen beginnt, 
ganz ohne die von dir verfluchte Wahrheit, 
die nur dich zu verfolgen scheint. 
Du versuchst erneut die Bilder, deiner saftigen Wiesen 
erscheinen zu lassen. 
Deine Koffer hast du laengst vergessen, 
als die Lichter der Stadt deine Augen blendeten, 
du dich fragtest, hier richtig zu sein um auszusteigen. 

Was dich beruehrte, 
waren samtweiche Sitze. 
Deine Sicherheit um die Richtigkeit deiner gewaehlten Weichen, 
ist verflogen mit grasenden Kuehen deiner Traeumerei, im Selbstzweifel. 
Dein Gesicht, im dir verhasstem Spiegel, 
wird hell erleuchtet. 
In den Lichtpunkten der Strassenlaternen, 
suchst du die Orientierung, die dir ewig fehlte. 
Suchst nach Wegen die aussichtsloser nicht sein koennen. 
Erkennst diese Stadt hat neue Strassen, 
doch jede Kreuzung bereitet dir Angst.....

 

 

 

 

 

 


Schatten
© DeGie 01.06.2004

Die Projektionen der Ampeln und Laternen 
werden lang und bedrohlich ... 
Dieses Flutlicht dort hinten, 
es flutet Deine Sinne ... 
Seit Jahren schon, wieder und wieder ... 
Immer wieder wird Dein Blick angezogen. 
Was steht dort hinter dem Licht? 

Seit die Nacht so hell wie der Tag geworden war, 
scheint die Welt zweigeteilt ... 
Es gibt Dinge, die Dich blenden 
und solche, 
die Du daneben nur erahnen kannst ... 
die Schatten ... 

Auch innerhalb der Schatten gibt es welche, 
doch wie solltest Du sie je erkennen 
bei aller Blendung ... 
Der Blick zur Seite schmerzt und aengstigt. 
Es scheint nur noch zwei Richtungen zu geben: 
zum Licht hin oder von ihm weg. 
Was ja auch zum Licht hin heisst. ... 

Vor ein paar Jahren noch hast Du langsam 
das Erglimmen des Flutlichtes beobachten koennen. 
Langsam kippten Haeuser um und ihre Fassaden 
legten sich auf die Wege ... 
Ein Stueck weit schienen sie Dir zu folgen ... 
Heute brennt das Flutlicht schon in voller Staerke, 
wenn die Nacht kommt ... 
Wie oft hast Du einen dunklen Platz fuer Dich gesucht? ... 

Einmal hattest Du Dich in den Schatten 
eines maechtigen Sakralbaus gefluechtet. 
Dunkel war er nicht wirklich. 
Den Blick zurueck gab es nicht. 
Dafuer den Blick zur Seite. Er schien verlockend, 
doch wie Du den Schatten verliessest, 
war Dein Weg zu ihnen beendet ... 
Manchmal ist es besser, nicht zu sehen. ... 

Heute hast Du das Licht wieder im Ruecken, 
wie jede Nacht. 
Du spuerst, dass da was hinter Dir liegt. 
Erkennen koennen wirst Du es nie, 
aber es bleibt hinter Dir. ... 

Ploetzlich haeltst Du inne. 
Irgend etwas scheint Dich zu treiben. 
Es ist keine Entscheidung. 
Jedenfalls keine von Dir. ... 
Du drehst dich um. 
Das grelle Licht schliesst Deine Augen 
und bleibt doch auch durch die Lider hindurch 
hell genug, 
Deinen Weg zu weisen. 

Zoegern. 
Dann der erste Schritt zurueck ...

 

 

 

 

 

 

Strassen
© Aragorn 01.06.2004

Du hast keine Wahl. 
Dein Schritt bringt dich nicht, 
aus diesem gefuerchtetem Kreis. 
Du gehst fluechtend, 
doch immer naeher kommst du dem Ausgangsort. 
Es gibt kein Zurueck, 
du kannst dem Mittelpunkt nicht entfliehen. 
Vier Schatten umgeben dich im Jetzt, 
egal wohin du laeufst, sie halten dich gefangen. 
Blendend. 

Die Kreuzung deines Lebens, 
ganz ohne Hinweisschilder. 
Dein stupider Blick sucht nach Halt, 
den es hier nicht gibt. 
Fast wahnsinnig beginnst du dich zu drehen, 
schreist deine Angst hinaus, 
doch niemand wird dich hoeren, 
die Welt ist taub, 
sie will dich nicht! 

Du liegst auf dem Asphalt, 
willst nur noch die Naehe des Bodens spueren, 
krallst dich mit geschundenen Fingernaegeln 
in die harte, kalte Oberflaeche. 
Schmerzen durchziehen deinen Koerper, 
du merkst, dass du noch lebst, 
kriechst wie ein Wurm nach dem Regen, 
in den Rinnen dieser Strassen, 
suchst den Halt an jedem kleinen Stein. 
Du wirst verfolgt. 


...von Dir

 

 

 

 

 

 

 

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