Wein888
(Der Hohn der Zivilisation)
Der Weihnachtsmann in weitem Bogen
kam in unser Land gezogen
Gezogen von ‘nem Rentierschlitten
hat er so manches Fest bestritten
Doch nun, da die in Streik getreten
(erfolglos um mehr Lohn gebeten)
Muß er weniger Stunden binnen
preiswerten Ersatz ersinnen
Ist er doch, der Steuern dank
zum Jahresende wieder blank
Und nicht genug: Da trotz der Hetze
er unter die neuverfaßten Gesetze
für niedere Teilzeitarbeit fällt
strich man ihm das Weihnachtsgeld.
Von diesen Zwängen angetrieben
eilt er fix zu Wolke sieben,
da dort, mit Kameras übersät
der Himmelsbank Zentrale steht
Deren Kuppel aus Glas ihm gleich verrät:
Die Bauherrn sind recht abgedreht.
Per Ultraschall im Innern dann
durchleuchtet man den Weihnachtsmann,
wo raus das Resultat bald kam:
Der Mann ist wohl an Waffen arm!
Drum ließ man ihn, der ohne Habe
zur Stelle für Kreditvergabe.
Verhandelt wurde eine Stunde,
eröffnet dann die glückliche Kunde:
So zahlt, da ihn ein jeder kennt
der Zinsen er nur 20%!
Doch andrerseits, was gar nicht fein
behält man ihm den Schlitten ein
Der, schon vom Markt seit Ewigkeit
nicht viel mehr taugt als Sicherheit
Drum des Geldes mäßig nur beschwert
der Alte der Bank den Rücken kehrt.
„Was mach ich nur mit den paar Kröten?“
So fragt er sich in großen Nöten
bis auf ‘ner großen Reklamewand
des Bartes Träger die Lösung fand:
Eine Inschrift dort zu berichten weiß:
Die Birgen-Air fliegt ihn zum halben Preis!
Und im Flieger Stunden später nur
bricht an des Greisen Deutschlandtour;
auf Anraten eines Fluggenossen
einen Bausparvertrag längst abgeschlossen
Bald unter ihm, von Wolken umzweigt
das Ziel sich seinem Auge zeigt.
Doch neben ihm, welch Mißgeschick
zerbarst, das zeigt ein zweiter Blick
der Rumpf, den indische Kinder schufen
- Dem Weihnachtsmann kommt ‘s wie gerufen –
Erspart er sich so doch lobesam
den Anschlußflug von Amsterdam
Und per Fallschirm nun, was allerhand
bespringt er unserer Väter Land.
Bald hundert Meter vertikal
trennen ihn vom Emschertal
Den Sack, der Wertpapiere prall
umschlingt die Hand im freien Fall
Als plötzlich, dumm gelaufen das
in Stücke reißt ihn irgendwas.
Kaum viergeteilt, verrät ein Knall
den Anlaß für den Unglücksfall
Denn Sturzflug, wenn der Heimat fern
machen Tornadopiloten gern!
Wie ‘s nun der glückliche Zufall mag
latsch ich an ebenjenem Tag
spaziern im Industriegebiet
und pfeif dazu ein Technolied
Und fern der nervigen Weihnachtshatz
hab so ich einen Logenplatz.
Und zu Hilfe bald behend‘ ich kam
dem Sack, der keinen Schaden nahm
Schau links, schau rechts, auf Zehenspitzen
sieht niemand ins Gebüsch mich flitzen.
Seither bin denn in Sachen Geld
ich wieder ziemlich gut gestellt
Und meiner vielen Aktien dank
gehört mir fast die Deutsche Bank
Und weihnachtet ‘s nun im Lande hier
So reib‘ ich die Hände voller Gier
Denn jetzt wird Kohle rausgefeuert
für Müll, der ziemlich überteuert
Wovon zu meinem großen Heil
von jeder Mark der zehnte Teil
in meinen Gelderspeicher rauscht
Wer da mit mir nicht gerne tauscht!
Doch vorenthalten möcht ich nicht
die Moral von der Geschicht‘:
Von jenem schönen Tage an
glaub ich an den Weihnachtsmann!
DeGie © 20.12.'96
Den fernen Streifen begreifen lernen
zu DeGies uralten Gedichten auf den Feiertagen der Eskimos
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